Narkolepsie
Die Narkolepsie ist eine seltene neurologische Erkrankung. Dem Gehirn fehlen bestimmte Botenstoffe, die den Wechsel von Schlafen und Wachsein und die Muskelspannung regulieren. Narkolepsie kann in jedem Alter auftreten, am häufigsten betroffen sind Jugendliche und Erwachsene um die 35 Jahre.
Bei Narkolepsie ist man tagsüber übermäßig schläfrig und hat ungewollt Schlafanfälle – die sogenannte exzessive Tagesschläfrigkeit. Auch die Muskeln können kurzzeitig erschlaffen – die sogenannte Kataplexie. Weitere Beschwerden können sein:
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Gestörter Nachtschlaf und untypische Schlafrhythmen
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Schlaflähmungen – die Gliedmaßen können vorübergehend nicht bewegt werden
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Halluzinationen – es werden täuschend echte, nicht reale Situationen erlebt
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Automatisches Verhalten – eine Handlung wird trotz Einnickens weitergeführt
Ist die exzessive Tagesschläfrigkeit mild bis mittelschwer ausgeprägt, dann schläft man nur gelegentlich und bei Ruhe oder eintönigen Tätigkeiten ein, etwa im Konzert, bei Vorträgen, als Beifahrer im Auto. Bei der schwereren Form nickt man täglich ein und wird auch in aktiven Situationen vom Schlaf übermannt, etwa beim Essen, beim Autofahren oder im Gespräch.
Die plötzliche Muskelerschlaffung, die Kataplexie, wird von starken Empfindungen ausgelöst und dauert nur wenige Sekunden oder Minuten: Eben hat man noch gelacht, sich erschreckt oder war wütend, plötzlich erschlafft unkontrolliert die Mimik, die Sprache wird verwaschen oder die Knie knicken unkontrolliert ein.
Sind die Schlafzyklen und -rhythmen durcheinander, dann ist der Nachtschlaf unruhig, unterbrochen und flach. Manche sind nachts hellwach und topfit, andere bewegen sich stark im Schlaf oder fallen zuerst in den Traumschlaf statt in den traumlosen Schlaf. Schlaf und Wachsein können ganz untypisch über Tag und Nacht verteilt sein: Manche sind vier Stunden wach und schlafen vier Stunden, und das Tag und Nacht.
Halluzinationen und Schlaflähmungen können beim Einschlafen oder Aufwachen auftreten. Man sieht, hört oder fühlt täuschend echt Dinge, die nicht real sind, und weiß das hinterher auch. Oder man kann sich kurzzeitig nicht bewegen. Im Traumschlaf sind die Muskeln gelähmt, damit wir uns nicht bewegen; mit dem Aufwachen gehorchen sie uns normalerweise sofort wieder. Bei Narkolepsie aber setzt diese Muskellähmung manchmal zu früh ein (vor dem Einschlafen) oder sie hört zu spät auf (nach dem Aufwachen); dann ist man kurz unfähig, sich zu bewegen, zu sprechen oder aufzustehen.
Beim „automatischen Verhalten“ wird eine Handlung wie Schreiben, Autofahren oder Kochen in schlafähnlichem Zustand fortgeführt, das heißt, man nickt über einer Tätigkeit ein, führt sie aber weiter aus und kann sich später nicht mehr daran erinnern. Dann reagiert man verzögert auf äußere Reize, Wahrnehmung und Erinnerung sind herabgesetzt.
Die Auswirkungen der Narkolepsie auf die Lebensqualität und den Lebensalltag können beträchtlich sein: Durch fehlende Konzentration, Muskelerschlaffung oder Einnicken ist das Risiko von Stürzen oder anderen Unfällen und die Fehleranfälligkeit erhöht, und die Leistungsfähigkeit ist herabgesetzt. Bei einer Schlaflähmung nimmt man seine Umgebung wahr, kann sich aber nicht bemerkbar machen. Auch wenn es nicht bedrohlich ist, ist die Erfahrung des Kontrollverlusts, das Gefühl der Atemnot und der Schwere auf der Brust anfangs doch erschreckend. Das kann durch Halluzinationen noch verstärkt werden, denn diese werden als sehr wirklichkeitsnah erlebt. Manche haben dann die Sorge, psychisch krank zu sein, und verschweigen ihre Beschwerden – was zu Folgebeschwerden wie Depressionen oder zu sozialer Abkapselung führen kann.
Die genaue Ursache der Narkolepsie ist unklar. Offenbar kommt zu einer genetischen Veranlagung ein Auslöser hinzu, etwa eine Infektion. Ist die körpereigene Abwehr geschwächt, richtet sich das Immunsystem gegen sich selbst, dabei werden Hirnzellen zerstört, die einen Botenstoff bilden, der das Schlaf-Wach-Verhalten reguliert.
Bei Kindern zeigt sich die Krankheit oft als auffällig langer Nachtschlaf oder in häufigen, unterbrochenen Tagesschläfchen. Die Diagnosestellung bei Kindern ist nicht immer einfach, Reizbarkeit und motorische Unruhe werden manchmal fälschlich als ADHS diagnostiziert.
Die richtige Therapie der Narkolepsie ermöglicht meistens ein weitgehend normales Leben, und auch die Lebenserwartung ist normal.
Das können Sie selbst tun, um die Beschwerden zu lindern:
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Sorgen Sie für einen festen Schlafrhythmus und ausreichend Schlaf in der Nacht und planen Sie am Tag Nickerchen ein.
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Legen Sie Arbeiten auf Zeiten, in denen Sie am fittesten sind, und sorgen Sie für freudvolle Arbeiten – Motivation hält wach!
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Richten Sie flexible Arbeitszeiten mit freier Aufgabeneinteilung ein.
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Notieren Sie in einem Schlaftagebuch Schlaf- und Wachzeiten und ungewöhnliche Vorkommnisse.
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Bewegen Sie sich regelmäßig an der frischen Luft und ernähren Sie sich gesund. Vorsicht bei koffeinhaltigen Getränken!
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Vermeiden Sie bei Schlaflähmung die Rückenlage und konzentrieren Sie sich auf den Versuch, die Augen zu rollen oder ein Körperteil zu bewegen. Machen Sie den Partner auf sich aufmerksam, die Schlaflähmung lässt sich nämlich durch einfaches Berühren beenden.
Parallel dazu ist eine ärztliche Behandlung nötig. Ein Schlafmediziner oder ein Neurologe kann mit einem ausführlichen Gespräch, Fragebogen und Untersuchungen im Schlaflabor eine Narkolepsie erkennen. Meistens ist eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Welches Medikament das richtige für Sie ist, besprechen Sie am besten mit Ihrem behandelnden Neurologen oder Schlafmediziner.

Quellen AOK Gesundheitsmagazin. Gefangen im Albtraum: Wie kommt es zu einer Schlafparalyse? 10.08.2022. www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/schlaf/schlafparalyse-ursachen-und-symptome. Letzter Aufruf 13.06.2024. Bassetti CLA et al. Narcolepsy-clinical spectrum, aetiopathophysiology, diagnosis and treatment. Nat Rev Neurol 2019;15:519–539. Bioprojet Deutschland. „Hellwach statt todmüde“. Narkolepsie-Ratgeber. https://bioprojet.de/patienteninfo. Letzter Aufruf: 12. Juni 2024. Dodel R et al. Health-related quality of life in patients with narcolepsy. Sleep Med 2007;8:733–41. Leitlinie S2 „ Nicht erholsamer Schlaf“ der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Mahoney CE et al. The neurobiological basis of narcolepsy. Nat Rev Neurosci 2019;20:83–93. Maski K et al. Listening to the patient voice in narcolepsy: Diagnostic delay, disease burden, and treatment efficacy. J Clin Sleep Med 2017;13:419–425. Medpertise. „Narkolepsie“.14.10.2022. www.medpertise.de/narkolepsie. Letzter Aufruf 13.06.2024. Narkolepsie Netzwerk e. V. NARKOLEPSIE – WAS IST DAS? / Diagnose. https://narkolepsie-netzwerk.de/services/s1/diagnose. Letzter Aufruf 12.06.2024. Patienten-Information.de. Narkolepsie – mehr als nur müde. Letzter Aufruf 12.06.2024. Raggi A et al. Health-related quality of life in patients with narcolepsy: a review of the literature. J Nerv Ment Dis 2019;207:84–99. S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“. Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“ (AWMF-Registernummer 063-003), www.dgsm.de/fileadmin/dgsm/leitlinien/s3/S3_LL_Nicht-erholsamer_Schlaf_Kap_Insomnie_Somnologie_2017.pdf. Letzter Abruf: 12.06.2024. Shneerson JM et al. The impact of narcolepsy and its treatment – a European study. Eur Neurol Rev 2008;3:105–108. Universität Witten-Herdecke/Dr. Ulf Kallweit. Pressemeldung „Forscher decken Ursachen der seltenen Schlafkrankheit Narkolepsie auf. Hoffnung auf neue Behandlungsmöglichkeiten“. 12.10.2018. www.uni-wh.de/detailseiten/news/forscher-decken-ursachen-der-seltenen-schlafkrankheit-narkolepsie-auf-7225. Letzter Aufruf 12.06.2024.
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